All-on-4 ist ein Behandlungskonzept für komplett zahnlose Kiefer, bei dem nur vier Implantate pro Kiefer gesetzt werden. Zwei Implantate werden im Frontzahnbereich senkrecht, zwei weitere in der Seitenzahnzone um etwa 30–45 Grad nach hinten geneigt eingebracht. So lässt sich das vorhandene Knochenangebot optimal ausnutzen – meist ohne Sinuslift im Oberkiefer oder aufwändigen Knochenaufbau. Das Verfahren wurde Ende der 1990er-Jahre in der Malo Clinic (Portugal) mit Nobel Biocare entwickelt und wird inzwischen auch von anderen Herstellern unter „All-on-X“ (4, 5, 6) oder ähnlichen Namen angeboten.
Funktionsprinzip in Kürze
- Vier Implantate tragen eine Steg- oder Brückenkonstruktion für einen kompletten Zahnbogen (12–14 Zähne).
- Dank der Schrägstellung der hinteren Implantate entsteht eine breite Auflagefläche, die Kaukräfte gleichmäßig verteilt.
- In 24–48 Stunden erhält die/der Patient*in eine provisorische Versorgung – man kann also fast sofort sprechen, kauen und lächeln.
Vorteile – und ein wichtiger Hinweis zur Reinigung
- Weniger Eingriffe / kaum Knochenaufbau: Die schräg gesetzten Implantate umgehen Sinus und Nervkanal, weshalb zusätzliche Operationen häufig entfallen.
- Kurze Behandlungszeit: Im Vergleich zu konventionellen Gesamtsanierungen (6–8 Implantate) sind weniger Termine nötig; der Zahnersatz ist schneller einsatzbereit.
- Sofortige Ästhetik und Funktion: Bereits am OP-Tag oder am Folgetag wird eine provisorische Brücke bzw. Prothese verschraubt oder eingeklickt.
- Kostenersparnis: Vier Implantate für einen ganzen Zahnbogen – das ist oft günstiger als acht Einzelimplantate.
- Reinigung & Wartung:
In der Regel wird die Suprakonstruktion als abnehmbare Steg- oder Teleskopprothese gestaltet; die Patientin oder der Patient kann sie selbst herausnehmen und reinigen.
Bei besonderen ästhetischen oder funktionellen Ansprüchen ist auch eine fest verschraubte Brücke möglich. Dann nimmt die Zahnärztin/der Zahnarzt die Versorgung zu Kontroll- oder Reinigungszwecken ab.
Mögliche Nachteile und Grenzen
Punkt | Erläuterung |
---|---|
Höhere Belastung der hinteren Implantate | Bei starker Kaubelastung können Schrauben sich lösen oder Zahnkörper aus Acryl brechen – regelmäßige Kontrollen sind Pflicht. |
Technischer Anspruch | Schräg gesetzte Implantate erfordern spezielle Multi-Unit-Abutments; dadurch steigen Material- und Laborkosten. |
Nicht jede(r) ist Kandidat*in | Stark atrophierter Frontknochen, extrem niedriger Biss oder ungünstige Kieferrelation können eine andere Lösung (z. B. All-on-6) notwendig machen. |
Materialverschleiß | Zähne aus Komposit oder Acryl nutzen sich schneller ab (alle 3–5 Jahre Reparatur oder Austausch möglich). Vollzirkonbrücken sind langlebiger, aber teurer. |
Typischer Behandlungsablauf
- Digitale Diagnostik – Panoramaröntgen und 3-D-DVT, virtuelle Implantatplanung, ggf. Bohrschablone.
- Operation – eventuelle Restzähne ziehen, vier Implantate setzen, Abdruck oder Intraoralscan nehmen.
- Sofortprothese – am selben oder nächsten Tag Einschrauben/Einklicken der provisorischen Versorgung.
- Einheilphase – 3–6 Monate funktionieren und heilen; weiche Kost, gute Mundhygiene.
- Definitiver Zahnersatz – Titan- oder Zirkongerüst mit Acryl- oder Keramikzähnen.
- Nachsorge – zwei professionelle Zahnreinigungen pro Jahr, Schraubentork-Kontrolle, ggf. Nachtschiene.
Erfolgsstatistik
- Implantat-Überlebensrate nach 10 Jahren: 94–98 %.
- Überlebensrate der Brückenkonstruktion: ca. 93 %.
- Häufigste Komplikationen: Schraubenlockerung (5–10 %), Zahnkörperfrakturen (10–15 %), meist mit geringem Reparaturaufwand zu beheben.
Für wen ist All-on-4 besonders interessant?
- Vollständig zahnlose Patient*innen, die herausnehmbare Vollprothesen nicht tolerieren.
- Personen mit geringem Restknochen im Seitenzahnbereich, die einen Knochenaufbau vermeiden wollen.
- Berufstätige oder Senior*innen, die Wert auf eine kurze Behandlungsdauer und sofortige Sofortbelastung legen.
- Patienten mit systemischen Erkrankungen (z. B. Diabetes, Hypertonie), denen mehrere chirurgische Eingriffe zu belastend wären.
Zusammenfassung
All-on-4 bietet eine feste oder abnehmbare Komplettlösung für zahnlose Kiefer mit nur vier Implantaten – meist ohne zusätzlichen Knochenaufbau und mit sofort spürbarem funktionellen Gewinn. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer sorgfältigen Planung (3-D-Diagnostik) und einer konsequenten Nachsorge. Wer diese Faktoren beherzigt, erhält eine langlebige, ästhetisch ansprechende und vergleichsweise kosteneffiziente Alternative zu klassischen Prothesen oder aufwändigen Einzelimplantaten.